Was ist Mysophobie?
Mysophobie wird den Angststörungen oder auch den Zwangsstörungen zugeordnet und beschreibt den Zustand einer panischen Angst vor Ansteckung. Menschen, die an Mysophobie leiden, haben eine krankhafte Angst vor Bakterien, vor Keimen oder empfinden Ekel davor, mit Schmutz in Kontakt zu kommen.
Mysophobie variiert in der Intensität. Während manche lediglich ein gewisses Unbehagen empfinden, mündet es bei anderen Betroffenen in schwere Zwangsstörungen – auch OCD (Obsessive-Compulsive Disorder) genannt. In extremen Fällen wird die Wohnung aus Angst vor Ansteckung nicht mehr verlassen.
Wie entsteht Mysophobie?
Die Angst vor Ansteckung entsteht oft durch eine Kombination aus psychologischen, umweltbedingten und genetischen Faktoren.
Menschen, die generell vorsichtiger Natur sind und einer Ansteckung entgehen wollen, sind anfälliger für die Entwicklung einer Mysophobie. Ebenfalls Personen mit einem Hang zum Perfektionismus, da sie eine starke Abneigung gegen Unkontrollierbares haben. Die eigene Hygiene und Reinigungsmaßnahmen sind eher kontrollierbar als die Verbreitung unsichtbarer Krankheitserreger. Der unkontrollierbaren Verbreitung von Bakterien und Keimen kann nur durch Hygieneschutzmaßnahmen entgegengewirkt werden.
Die Angst vor Ansteckung kann ihre Wurzeln auch in persönlichen Erfahrungen haben. Wer bereits an sich selbst oder aus seinem näheren Umfeld eine schwere Erkrankung infolge einer Infektion erlebt hat, entwickelt unter Umständen leichter eine Mysophobie.
Das familiäre Umfeld ist ebenfalls entscheidend. Studien weisen darauf hin, dass genetische Faktoren bei der Entwicklung von Angst- und Zwangsstörungen eine Rolle spielen. Leiden nähere Verwandte unter einer solchen Störung, können Familienangehörige leichter eine solche entwickeln. Aber auch Eltern, die besonders stark auf Hygiene achten, verstärken bei ihren Kindern unbewusst die Angst vor Bakterien oder eine Keimphobie.
Gleiches gilt für Umwelteinflüsse außerhalb der Familie. Berichte über Krankheitswellen bis hin zu Pandemien rufen bei manchen Personen eine Angst vor Ansteckung hervor und münden in übervorsichtige Maßnahmen.
Mysophobie entsteht meist durch ein Zusammenspiel mehrerer der genannten Gründe. Traumatische Erfahrungen (eigene oder aus dem Umfeld) sowie äußere Einflüsse und Stresssituation wirken sich auf die Intensität der Symptome aus.
Wie wirkt sich Mysophobie aus?
Häufige Auswirkungen der Mysophobie sind Waschzwang und/oder Putzzwang. Die Angst vor Keimen und die Angst vor Bakterien ist so groß, dass Betroffene eine übertriebene Reinlichkeit entwickeln, um einer möglichen Ansteckung zu entkommen.
Waschzwänge äußern sich durch häufiges und penibles Händewaschen. Oftmals auch im Abstand von nur weniger Minuten. Durch Seife oder Desinfektionsmittel wird die Haut stark angegriffen, weshalb oftmals die Knöchel an den Fingern und Handgelenke rötlich bis blutig sind.
Putzzwänge zeigen sich durch eine sehr saubere Wohnung. Natürlich sind nicht alle ordentlichen Menschen von Mysophobie betroffen. Menschen, die unter Mysophobie leiden, putzen oftmals täglich ihr zu Hause. Dabei verwenden sie aggressive Reiniger oder Desinfektionsmittel. Diese übertriebene Reinlichkeit schwächt wiederum das Immunsystem und macht es anfälliger für Infektionen, was den Teufelskreis weiter antreibt.
Der Ekel vor Schmutz ist bei Betroffenen so groß, dass unnötige oder unachtsame Berührungen von Oberflächen außerhalb der geputzten Wohnung undenkbar sind. Das betrifft nicht nur die Benutzung öffentlicher Toiletten, sondern beginnt meist schon bei Türklinken.
Die Angst vor Ansteckung kann sich auch auf das Sozialleben auswirken. Körperkontakt zu fremden, aber auch zu bekannten Personen wird zunehmend gemieden. Ohne Behandlung ist eine zunehmende Isolation wahrscheinlich bis zum seltenen Verlassen der Wohnung.
Sollte sich eine Person mit Mysophobie in einer unbehaglichen, für sie angsterregenden Situation befinden und ihren Wasch- und Putzzwang nicht ausleben können, verschlimmert sich der Angstzustand.
Der Körper reagiert daraufhin mit starken Stresssymptomen:
- Zunehmende Unruhe
- Konzentrationsschwäche
- Panikattacken
- Herzrasen
- Kurzatmigkeit
- Schweißausbruch
- Schwindel
Mentale Kontamination – Angst vor psychischer Beschmutzung
Die Angst vor Ansteckung kann sich auch auf eine mentale Kontamination, also der Angst vor geistiger Ansteckung beziehen. Auslöser ist dabei keine Ansteckung durch Bakterien oder Keime, sondern eine Beschmutzung im übertragenen Sinn.
Das passiert durch Gedanken, Worte, Taten oder Interaktion mit anderen Menschen. Stark an Mysophobie leidende Personen fühlen sich zum Beispiel beschmutzt, wenn sie beleidigt werden oder Gewalt erfahren. Dies kann auch passieren, wenn sie nur davon hören oder Zeuge werden, wenn etwas Unmoralisches oder Illegales geschieht. Eigene unsittliche Gedanken bereiten ihnen Kopfzerbrechen.
Personen, die unter einer solchen Form der Mysophobie leiden, können diese nicht mit einem Putz- oder Waschzwang kompensieren. Sie haben oftmals ein besonders stark ausgeprägtes Moralverständnis und ertragen das Leid in der Welt nur schwer. Die Lösung sehen sie in der Abschottung von der Gesellschaft und der Außenwelt, was zwangsläufig zur Einsamkeit und Depression führt.
Wie kann Mysophobie entgegengewirkt werden?
Egal ob Angst vor Ansteckung mit Bakterien, Keimphobie oder Angst vor mentaler Kontamination. Wer an Mysophobie leidet, schafft es nur schwer allein aus dem Teufelskreis heraus und benötigt professionelle Hilfe.
Vor allem die psychologische Verhaltens- und Gesprächstherapie hat sich bewährt. Dabei lernen Betroffene ihre irrationalen Gedanken und Ängste zu hinterfragen und rationale Lösungen zu entwickeln.
Die gezielte Konfrontation mit den Ängsten spielt eine Rolle in der Therapie. Dabei wird etwa die betreute Exposition mit verschmutzen Oberflächen schrittweise erhöht, um Ängste abzubauen.
In schweren Fällen wird die Therapie von einer medikamentösen Behandlung begleitet. So helfen Antidepressiva oder auch der kurzfristige Einsatz von Anxiolytika (sog. Angstauflöser), um Patienten zu beruhigen und so therapierbar zu machen.
Letztendlich können Betroffene Selbsthilfestrategien entwickeln, um mit Stresssituationen und den Symptomen besser umzugehen. Die Behandlung erfolgt meist durch eine Mischung der genannten Methoden.
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