Das Neugeborenenscreening kann auf eine Vielzahl von angeborenen Erkrankungen testen. Wenn sie vorzeitig erkannt werden, können sie durch geeignete Maßnahmen behandelt werden. Eine frühe Diagnose und Therapie sind entscheidend, um die bestmögliche Lebensqualität für betroffene Kinder zu gewährleisten. Das erweiterte Neugeborenenscreening umfasst in vielen Ländern die Untersuchung auf bis zu 30 verschiedene Erkrankungen. Einige dieser Krankheiten werden im Folgenden näher vorgestellt:
Phenylketonurie (PKU)
Diese Stoffwechselerkrankung ist die Folge eines Enzymdefekts, der die Umwandlung der Aminosäure Phenylalanin in andere Substanzen verhindert. Wenn PKU unbehandelt bleibt, können sich hohe Phenylanalinwerte im Blut ansammeln, was zu zerebralen Krampfanfällen, geistigen und motorischen Entwicklungsstörungen sowie einer Intelligenzminderung führen kann. PKU gehört zu den angeborenen Stoffwechselstörungen, die autosomal-rezessiv vererbt werden. Das bedeutet, dass beide Elternteile das defekte Gen an das Kind weitergeben müssen, damit die Erkrankung auftritt.
Prävalenz ca. 1:10.000
Therapie:
Die Behandlung von PKU besteht in einer phenylalaninarmen Diät, die darauf abzielt, die Aufnahme von Phenylalanin aus der Nahrung zu minimieren. Sie besteht aus einer extrem eiweißarmen Basiskost, mit exakt berechnetem Gehalt an Phenylanalin. Der Kinderarzt ermittelt den Proteinbedarf in regelmäßigen Abständen, beim Säugling ggf. wöchentlich. Durch diese Diät können die negativen Auswirkungen der Störung verhindert werden, sodass das Kind eine normale Entwicklung durchläuft.
Sichelzellenanämie (SCD) <H2, wenn zu groß gerne in der Größe von H3>
Diese Erkrankung beruht auf einer Störung der Hämoglobinsynthese, die zu abnormen Formen der roten Blutkörperchen führt. Die Symptome beginnen mit dem Abbau des fetalen Hämoglobins (HbF) und können Hämolyse, Anämie, Verstopfung der Blutgefäße, hohe Infektionsgefahr und schwere Organschäden einschließen.
Prävalenz ca. 1:5.000 – 10.000
Therapie:
Die Behandlung der Sichelzellenanämie kann Hydroxycarbamid, Bluttransfusionen und in schweren Fällen eine Stammzellentherapie umfassen. Durch eine frühzeitige Diagnose können gezielte Therapien eingeleitet werden, die das Leben Ihres Kindes erheblich verbessern.
Neben PKU und Sichelzellenanämie werden auch Stoffwechselerkrankungen, hormonelle Störungen und andere genetisch bedingte Erkrankungen getestet. Nachfolgend nennen wir eine Auswahl weiterer Krankheiten, die beim Neugeborenenscreening getestet werden:
Hypothyreose
Unterfunktion der Schilddrüse, die entweder angeboren oder erworben sein kann.
Klinisches Bild: Wachstums- und Entwicklungsstörungen, Müdigkeit, Gewichtszunahme und andere metabolische Probleme.
Prävalenz ca. 1:3.400
Therapie:
Lebenslange Gabe von Schilddrüsenhormonen.
Adrenogenitales Syndrom (AGS)
Störung der Nebennierenrindenfunktion, oft aufgrund eines Enzymdefekts.
Klinisches Bild: Überproduktion von Androgenen, die zu abnormalen Geschlechtsmerkmalen und Elektrolytstörungen führen kann.
Prävalenz ca. 1:14.700
Therapie:
Hormonersatztherapie zur Regulierung des Hormonhaushalts.
Galaktosämie
Enzymdefekt, der den Abbau von Galaktose (einem Zucker) verhindert.
Klinisches Bild: Schädigung der Leber, Augen und Nieren, die zu schwerwiegenden Komplikationen führen kann, wenn die Ernährung nicht angepasst wird.
Prävalenz ca. 1:75.000
Therapie:
Galaktosefreie Diät.
Mukoviszidose (Cystische Fibrose)
Genetische Störung, die die Produktion von zähflüssigem Schleim in verschiedenen Organen beeinflusst und sich dadurch dauerhaft entzünden.
Klinisches Bild: Beeinträchtigung der Atemwege und des Verdauungssystems, häufige Lungeninfektionen, Verdauungsprobleme und Gedeihstörungen.
Prävalenz ca. 1:4.500
Therapie:
Atemtherapie, Enzympräparate, spezielle Diäten.
Biotinidase-Mangel <H2, wenn zu groß gerne in der Größe von H3>
Mangel an dem Enzym Biotinidase, das für den Stoffwechsel von Biotin (Vitamin B7) wichtig ist. Klinisches Bild: Hautausschläge, neurologische Störungen und Immunschwäche, wenn unbehandelt.
Prävalenz ca. 1:25.000
Therapie:
Lebenslange Biotin-Supplementierung.
Glutarazidurie Typ I
Stoffwechselstörung, die die Fähigkeit des Körpers beeinträchtigt, bestimmte Aminosäuren abzubauen.
Klinisches Bild: Neurologische Symptome, Hypotonie, Entwicklungsverzögerungen und metabolische Krisen.
Prävalenz ca. 1:130.000
Therapie: Diätanpassungen und spezielle Nahrungsergänzungsmittel.
SCID (Schwere kombinierte Immundefizienz) <H2, wenn zu groß gerne in der Größe von H3>
Genetische Erkrankung, die durch Defekte im Immunsystem verursacht wird, häufig durch Mutationen im IL2RG-Gen oder anderen Genen.
Klinisches Bild: Wiederkehrende, schwere Infektionen, die durch Viren, Bakterien und Pilze verursacht werden können. Wachstumsverzögerungen und Gedeihstörungen aufgrund von chronischen Infektionen. Häufige Atemwegsinfektionen, Magen-Darm-Infektionen und Hautinfektionen.
Prävalenz ca. 1:60.000
Therapie:
Stammzelltransplantation, die oft aus dem Knochenmark eines passenden Spenders (z. B. Geschwister oder Eltern) erfolgt.
Enzymersatztherapie: Bei SCID-Formen, die durch einen Mangel an Adenosin-Deaminase (ADA) verursacht werden.
Kinder mit SCID benötigen oft eine umfassende medizinische Betreuung, einschließlich prophylaktischer Antibiotika und Antiviralia, um Infektionen vorzubeugen.
Tyrosinämie
Enzymdefekt, der den Abbau der Aminosäure Tyrosin stört.
Klinisches Bild: Leber- und Nierenschäden, neurologische Probleme und Wachstumsverzögerungen.
Prävalenz ca. 1:135.000
Therapie: Tyrosin-arme Diät und möglicherweise Lebertransplantation.
Maple Syrup Urine Disease (MSUD) <H2, wenn zu groß gerne in der Größe von H3>
Auch Ahornsirup Krankheit genannt. Stoffwechselstörung, die den Abbau von bestimmten Aminosäuren beeinträchtigt.
Klinisches Bild: Erbrechen, Entwicklungsverzögerungen und bei unbehandelten Fällen neurologische Schäden.
Prävalenz ca. 1:160.000
Therapie:
Diät, die arm an den betreffenden Aminosäuren ist.
MCAD-Mangel
Genetisch bedingte Stoffwechselerkrankung, die durch einen Defekt im MCAD-Gen verursacht wird. Dieses Gen ist verantwortlich für die Produktion des Enzyms Mittelkettige Acyl-CoA-Dehydrogenase, bei einem Mangel an diesem Enzym kann der Körper mittelkettige Fettsäuren nicht effizient abbauen.
Klinisches Bild: Hypoglykämie (niedriger Blutzuckerspiegel), die zu Erbrechen, Müdigkeit und Reizbarkeit führen kann. Koma oder Bewusstseinsstörungen in schweren Fällen. Lethargie und Schwäche. Muskelkrämpfe und Schmerzen. Lebervergrößerung (Hepatomegalie). Ohne frühzeitige Diagnose und Behandlung kann ein MCAD-Mangel zu schwerwiegenden Komplikationen wie neurologischen Schäden oder sogar zum Tod führen.
Prävalenz ca. 1:10.000
Therapie:
Vermeidung von Hypoglykämien und die Unterstützung des Fettstoffwechsels durch Diätanpassung, Vermeidung von Fasten sowie Glukoseinfusion.
Fazit:
Das Neugeborenenscreening ist ein entscheidender Schritt zur Gewährleistung der Gesundheit Ihres Babys. Durch zeitnahe Erkennung von Erkrankungen wie Stoffwechselstörungen, Hormonauffälligkeiten und genetische Erkrankungen können gezielte Behandlungsmaßnahmen eingeleitet werden, die das Leben Ihres Kindes nachhaltig verbessern. Indem Sie sich für das Neugeborenenscreening entscheiden, setzen Sie auf Prävention und Sicherheit.
Geben Sie Ihrem Neugeborenen die Chance auf einen gesunden Start ins Leben – denn frühzeitige Diagnosen können den Unterschied machen.
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